Nach nunmehr drei Wochen hier in England, hat sich für
mich inzwischen ein wenig Alltag bereit gemacht. Die Fächerwahlen an meiner
Schule sind soweit angepasst und inzwischen kenne ich mich hier in Folkestone
auch einigermaßen gut aus.
Da die Folkestone Academy, die ich hier besuche, eine
sehr große Einrichtung ist und vom Kindergarten bis zur Oberstufe alle Bereiche
abdeckt, hat sie hier im Umkreis gleich mehrere Gebäude „beschlagnahmt“.
Entgegen meiner Erwartung, besuche ich somit nicht die Main Academy, ein sehr
modernes Gebäude aus dem Jahr 2007, etwas außerhalb der Innenstadt, sondern die
„Glassworks“. Vor etlichen Jahren war dieses Gebäude, welches mitten in
Folkestone liegt, eine Glasfabrik. Doch bis auf das Backsteingemäuer, welches
schon recht alt aussieht, erinnert kaum noch etwas an diese Zeit.
Nachdem das alte Glaswerk geschlossen hatte, stand das
Gebäude für eine lange Zeit leer, bevor es von der Universität von Canterbury
grundsaniert und für hiesige Studenten eingerichtet wurde. Nach einer
Gesetzesänderung in England, die Schülern vorschreibt, bis zur Vollendung des
18. Lebensjahres eine Schule zu besuchen, brauchte die Oberstufe der Folkestone
Academy wesentlich mehr Platz, und die Universität hat das Gebäude an die
Academy abgetreten.
Dementsprechend ist die Schule sehr modern eingerichtet,
und technisch so ziemlich auf dem neusten Stand. Klassische Tafeln mit Kreide,
die wir in Deutschland in jedem Klassenraum hängen haben, gibt es überhaupt
nicht! Vieles wird über Beamer und Leinwand gemacht, in einigen Räumen auch mit
sogenannten „SmartBoards“, die einige von euch vielleicht kennen, oder mit
Whiteboards und abwaschbaren Filzstiften. Besonders überrascht war ich von den
beiden Aufzügen, die den Schülern frei zur Verfügung stehen, und von einem der
drei Computerräume, der komplett mit Apple-Geräten bestückt ist!
Aber nicht nur die Einrichtung differenziert sich von dem
mir bekanntem, sondern auch die Auswahl an Fächern sowie die Anzahl an Stunden.
Die Sixth Form, in die ich gehe, entspricht in etwa der
Klassenstufe 11-12 (G8) bzw. 12-13 (G9), und im Gegensatz zu den Vorschriften
des deutschen Schulsystems, sind die Englischen Oberstufenschüler nämlich ganz
frei bei ihrer Wahl. So könnte man seine A-Levels (etwa das Abitur) zum
Beispiel mit den Fächern „Dance“, „Photography“ und „Drama“ hinter sich
bringen! Da die meisten Schüler nur drei Fächer haben, haben sie auch nur 15
Wochenstunden. Je nachdem, wie der Stundenplan dementsprechend gemacht ist,
wäre es möglich, zwar Dienstags und Donnerstags von 9 Uhr bis 17 Uhr Unterricht
zu haben, die restlichen drei Tage der Woche jedoch Schulfrei! So wäre es erst
bei mir gewesen, allerdings habe ich dann freiwillig noch ein viertes Fach dazu
gewählt. Jetzt habe ich „nur noch“ Mittwochs Schulfrei!
Die Fächer, die ich jetzt habe, sind „Film Studies“, „Culture
and Communication“, „English Literature“ und Mathe. Die ersten drei Fächer sind
wirklich sehr Interessant, und die Lernatmosphäre ist, vor allem durch die
niedrige Schülerzahl von höchstens 15, sehr entspannt. Im allgemein wird hier
vieles sehr viel lockerer gesehen, als in Deutschland. So wird der Dresscode,
der auf der Internetseite der Schule erklärt wird, nur mehr oder minder
eingehalten, und auch die Pünktlichkeit wird nicht als ganz so wichtig
angesehen. Einige Schüler scheinen es hier wohl für normal zu halten, 20
Minuten zu spät zum Unterricht zu kommen, und die Registration komplett
ausfallen zu lassen. Die Registration ist eine weitere Sache, die für mich
vollkommen neu ist. Auch, wenn der
Unterricht erst um 9 Uhr beginnt, müssen Schüler, die zur ersten Stunde haben,
bereits um halb neun in der Schule sein. In der halben Stunde ist dann die
sogenannte Registration. Je nachdem, in welchem „Haus“ bzw. in welcher „Tutorengruppe“
man ist, findet man sich in einem bestimmten Raum ein. Vorher muss man die
Uhrzeit der Ankunft in eine Liste eintragen, die im Foyer aushängt. Es gibt 8
unterschiedliche Tutorengruppen, die von A bis H durchnummeriert sind. Bei
diesem Treffen sitzt man eigentlich nur herum und unterhält sich. Manchmal
fragt die Lehrerin, die das ganze beaufsichtigt und die Anwesenheit überprüft,
nach Vorschlägen für Schulische Veranstaltungen.
Nach dem Unterricht gehe ich dann manchmal noch mit
einigen Freundinnen in die Stadt. Das ist der wohl größte Vorteil unserer
Schule: Sie ist etwa drei Minuten von der Einkaufszone entfernt und liegt somit
quasi direkt neben Primark, Debenhams und anderen beliebten Geschäften. Viele
Schüler holen sich morgens auf dem Weg von der Bushaltestelle zur Schule,
welcher einmal durch die Innenstadt führt, bei Starbucks einen Kaffee oder
gehen in der Mittagspause bei Subway und co. essen.
Da meine Gastmutter mir aber jeden Morgen ein Lunchpaket
bereitet, kann ich in der Mittagspause in der Schule bleiben und mit meinen
Freundinnen in der großzügigen Cafeteria essen.
Wenn ich nach der Schule wieder zu Hause bin, mache ich
erst noch meine Hausaufgaben und verbringe dann den Abend zusammen mit meiner
Gastfamilie. Meistens schauen wir fernsehen und essen zu Abend. Zum Abendessen
kommen manchmal noch eine Nachbarin und ihre Austauschschülerin, die ebenfalls
aus Deutschland ist.
So sieht in etwa mein Schulalltag aus. Demnächst kann ich
euch vielleicht noch von meinen Freizeitaktivitäten berichten.
Bis dahin!